Lebensmittel fermentieren

Lebensmittel fermentieren

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REZEPTIDEEN ZUM FERMENTIEREN

Unsere untrennbare Verbindung mit Bakterien, den kleinen Urlebewesen, entdecken wir durch das Thema Lebensmittel fermentieren gerade wieder neu. Doch unsere gemeinsame Geschichte ist so alt wie das Leben selber. Warum sind unsere «mikroskopischen Freunde» so wertvoll und was nützen sie uns in der Küche? Davon handelt dieser Blogbeitrag. Ein Einstieg ins Thema Lebensmittel fermentieren.

Was ist Fermentation?

Als Fermentation bezeichnet man im Allgemeinen die Verwandlung von Lebensmitteln mithilfe verschiedener Bakterien, Pilze und der von ihnen produzierten Enzyme. Menschen machten sich die Eigenschaften der Fermentation schon seit jeher zu nutzen, um Lebensmittel haltbar, bekömmlicher und schmackhafter zu machen - oder um Alkohol herzustellen.

Der Ursprung der Fermentation

Die Geschichte der Fermentation beginnt fast unfassbar lange vor der Entwicklung des Menschen. Schauen wir zurück an den Anfang allen Lebens, als Bakterien während den ersten zwei Milliarden Jahren, als einzige lebende Bewohner, ständig die Oberfläche und die Atmosphäre der Erde transformierten. Bakterien schufen im Kleinen alle lebenswichtigen chemischen und biologischen Systeme, die noch heute den Stoffwechsel aller höheren Lebensformen prägen. Der Mensch war so gesehen von Anbeginn evolutionärer Partner der Mikroorganismen, die ihn selber und seine Umwelt besiedelten und nach wie vor besiedeln. Ganz unbewusst leben wir auch heute noch mit ihnen in Symbiose. Wir profitieren von «unseren» Mikroorganismen und sie profitieren von uns.

Hilfreiche Bakterien in unserem Darm

In und auf unserem Körper gibt es zehnmal so viele Bakterien wie Körperzellen mit unserer eigenen DNA. Die Mehrheit dieser Bakterien – unglaubliche 100 Billionen – befindet sich in unserem Darm. Diese Bakterien spalten Nährstoffe auf, die wir ansonsten nicht verdauen könnten und spielen eine wichtige Rolle in der Regulierung zwischen Energieverbrauch und -Speicherung. Ausserdem können Darmbakterien unser Immunsystem modulieren und fördern. Die lebenden Bakterien in unserem Körper schützen uns und statten uns mit unzähligen funktionellen Eigenschaften aus, die wir dadurch in unserer Evolution nicht selber entwickeln mussten. Die Bedeutung der Bakterien und unserer bakteriellen Wechselwirkungen könnten daher nicht grösser sein. Leben ist unter sterilen Bedingungen undenkbar.

Von den Urbakterien zum fermentierten Lebensmittel

Wie schufen wir die Verbindung von unseren evolutionsbiologischen Vorfahren zu Sauerkraut, Joghurt und Co.? In ausnahmslos jeder menschlichen Gemeinschaft wurden Lebensmittel durch Fermentation bekömmlich, haltbar und schmackhaft gemacht. Durch das Schaffen idealer Lebensbedingungen für die erwünschten Bakterienstämme haben die Menschen in allen Kulturkreisen gelernt, die natürlichen Fermentationsprozesse zu gestalten und das Resultat positiv zu beeinflussen. So sind über Generationen Verfahren und Rezepte zum Fermentieren von Lebensmitteln entstanden, die über Jahrhunderte Bestand hatten und auf die wir uns jetzt allmählich wieder zurückbesinnen.

Dank der Erforschung unserer Darmflora, dem sogenannten Mikrobiom, wurde in jüngster Zeit immer klarer, dass «wir uns durch den Verzehr massenproduzierter, hochverarbeiteter und kalorienreicher Nahrungsmittel in einem weltweiten, biologischen Experiment befinden, das zeigt, wie rasch die Darmflora von Einzelpersonen verarmt, indem ihnen die mikrobiellen Gene aus der Umwelt vorenthalten werden», schreibt Sandor Ellix Katz in seinem Standardwerk zur Lebensmittel-Fermentation «The Art of Fermentation». Katz ist überzeugt, dass wir verschiedenste bakterienreiche und lebende Nahrungsmittel brauchen, um unsere Stoffwechselfähigkeiten, unsere Immunfunktion und viele weitere regulative Prozesse zu verbessern.

Warum sind fermentierte Lebensmittel gesund?

Die wichtigsten gesundheitlichen Vorteile der Fermentation von Lebensmitteln lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Vorverdauung: Fermentierung ist die «Verdauungstätigkeit» von Bakterien- und Pilzzellen und ihren Enzymen. Lebensmittel werden zwar auch konserviert, aber vor allem werden durch den Verdauungsprozess der beteiligten Mikroorganismen Nährstoffe für uns besser verfügbar gemacht. Mineralien werden besser verwertbar, komplexe Proteine werden in bekömmliche Aminosäuren umgewandelt, Laktose wird in Milchsäure umgewandelt, Fleisch und Fisch werden durch die Fermentierung zart.
  • Verbesserter Nährwert: Beim Prozess der Fermentation reichern sich in vielen fermentierten Lebensmitteln – verglichen mit den rohen Zutaten vor der Fermentierung – besondere Mikronährstoffe an. Vielfach sind das Vitamine der B-Gruppe und in Gemüse vor allem Vitamin C. In Kohlgemüsen werden sekundäre Pflanzenstoffe (Glucosinolate) in aktive Verbindungen aufgespalten die vor bestimmten Krebsarten schützen können.
  • Entgiftung: Fermentation kann vielerlei toxische Verbindungen aus Lebensmitteln entfernen und sie in manchen Fällen sogar von sogenannten Antinährstoffen zu Nährstoffen umwandeln. So zum Bespiel Phytat, dass in allen Getreiden und Hülsenfrüchten, sowie in Nüssen und Samen vorkommt und als Antinährstoff fungiert indem es wertvolle Mineralien bindet. Dadurch sind die Mineralstoffe für unseren Körper nicht verwertbar. Bei der Fermentation setzt das Enzym Phytase aber Mineralstoffe aus ihrer Phytatverbindung frei und verbessert und erleichtert schliesslich Ihre Aufnahme im Darm.
  • Wertvolle bakterielle Kulturen: Bei Speisen, die durch Milchsäuregärung fermentiert und danach ungekocht konsumiert werden, sorgen die lebenden Bakterien selbst für eine grossen gesundheitlichen Nutzen. Die für unseren Körper günstigen Laktobazillen – wie sie in grosser Zahl in fermentiertem Gemüse und in Sauermilch vorkommen – sind zum Beispiel in der Lage, durch eigens produzierte «Bakterizide» krankmachende Keime zu verdrängen.

Fermentiertes Gemüse macht den Unterschied

Gerade bei wilden Fermenten – zum Beispiel selbst fermentiertem Gemüse– profitieren wir vom optimalen Bakterienmix, der von Natur aus auf und mit diesem Gemüse grossgeworden ist. Die Bakterienstämme, welche am Ende des Lebenszyklus die Pflanze wieder in ihre «Einzelteile» zerlegen, machen wir uns beim Fermentieren von Lebensmitteln zu nutzen, um Nährstoffe optimal verfügbar zu machen. Von diesem Mikrokosmos aus schaffen wir in der eigenen Küche eine kleine Revolution, weg vom industriellen, hyperhygienischen Massengeschmack, hin zu mehr lebendiger, geschmackvoller Nahrung und echten Genusserlebnissen.

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Tipps für den Verzehr fermentierter Lebensmittel

  • Abwechslung ist das Ziel! Nehmen Sie regelmässig unterschiedliche fermentierte Lebensmittel zu sich, einige davon mit lebendigen Bakterienkulturen.
  • Essen Sie verschiedenste Pflanzen und achten Sie darauf, dass einige dieser Pflanzen wild wachsen. So reichern Sie Ihr Mikrobiom mit einer grossen Bandbreite an Bakterienstämmen und einem Genpool an, der Ihre Körperfunktionen stimuliert.

Wie einfach Lebensmittel fermentieren geht, zeigen wir Ihnen demnächst in weiteren Beiträgen, Rezepten und Tutorials in unserem BioBlog. Machen Sie sich mit uns auf die spannende Entdeckungsreise in die mikrobielle Welt der Fermentation!

Quellenangabe: Inspiration und Textauszüge aus dem Buch "Die Kunst des Fermentierens" (vergrifffen) von Sandor Ellix Katz.

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